Öffentliche Kunst in Hannover

flusswärts 2: Betreten Verboten!

Die Installation hat den Untertitel 'Die gefangene Zeit: Ein temporär angelegtes Privatgrundstück im öffentlichen Raum'. Ein zur Installation gehörendes Tagebuch ist ebenfalls verfügbar.

Jedenfalls ist ein kleiner quadratischer Teil der öffentlichen Grünanlage mit einer Kantenlänge von etwa 3.5m mit einem Bauzaun abgesperrt. Dies kleine Stück wurde von der Stadt für ein Jahr an den Künstler verpachtet. An jeder Seite des Zaunes gibt es dann auch eines dieser kleinen, unfreundlichen gelben Schilder mit schwarzem Rand und schwarzer Schrift mit 'Privatgrundstück Betreten Verboten' drauf. Zum Aufstellungszeitpunkt ist jedenfalls nur grüne Wiese eingezäunt, mal gucken, wie sich das entwickelt. Während außerhalb wohl gelegentlich gemäht wird, will der Künstler es auf seinem gepachteten Grundstück laufen lassen. Ich vermute ja, so viel wird da in einem Jahr nicht passieren, außer langem Gras und ein wenig wucherndem Kraut - sieht man ja auch in etwa so auf Seitenstreifen, die selten gepflegt werden. Wildblumen dürften es bei der Rasensubstanz schwer haben, sich durchzusetzen - jedenfalls nicht signifikant besser als nebenan, wo es auch jetzt bereits Pilze und einige hübsche Blüten im Rasen gibt. Auch der Bauzaun ist ja nun so durchschaubar, daß sich da die Fauna auch nicht viel ungestörter fühlen wird als nebenan.

In dem Zusammenhang kann der interessierte Betrachter ja auch mal mit einigen Beeten im Schulbiologiezentrum Hannovers vergleichen (nördlich des Berggartens gelegen). Die Beete wurden im Abstand von einigen Monaten von jeglichem Pflanzenbewuchs befreit und dann der Wiederbesiedlung überlassen. Was genau wächst, hängt natürlich auch etwas von der Umgebung ab, deutlich ist aber zu erkennen, wie sich mit der Zeit die Art der Pflanzen deutlich ändern, die frühen Siedler werden von anderen, stärker dominierenden Pflanzen verdrängt, die wiederum von anderen verdrängt werden und so weiter. Das ist jedenfalls deutlich eindrucksvoller als dieses eingezäunte Quadrat, wo sich erstmal nur die Pflanzen ungestört weiterentwickeln, die ohnehin in dem Wildrasen vorhanden sind, wie man auch in der benachbarten immer wieder niedergemähten Fläche erkennen kann - durch den dichten Grundbewuchs kann man hier nur langsame Änderungen der Zusammensetzung erwarten, vermutlich sollte man eher über mehrere Jahre beobachten. Nun, im August sieht der Bewuchs natürlich schon viel eindrucksvoller aus als im Frühjahr, mal schauen, wie sich das übers Jahr weiterentwickelt.

In der Einzäunung eines Teils der öffentlichen Anlage als Privatgrund liegt natürlich auch eine gewisse Provokation der Passanten, obgleich ich nicht annehme, daß sich die Hannoveraner so einfach provozieren lassen - Bauzäune und Absperrungen sind sie gewohnt. Dennoch, die erste signifikante Änderung am Gelände wurde wohl durch Passanten bewirkt - seit etwa Mitte April fehlt eines der Verbotsschilder ...
Dann gab es wohl auch mal ein Ständchen von vier Musikern, an jeder Ecke des eingezäunten Bereiches einer.

Im August ist erneut der Zaun im Zentrum des Interesses einer Interaktion. Wie nicht unüblich für Bauzäune hat ein Zirkus an jeder Seite eine große Reklametafel an den Zaun getackert. Einerseits betont das noch die Absurdität der Zaunkonstruktion mitten in der kleinen Grünanlage, andererseits stören die großen Tafeln den Blick ins Innere und hindurch. Wenn man bei den Zirkusleuten sagen wir mal von darstellenden Künstlern ausgeht, sollte man eigentlich von einer Fähigkeit zur aufmerksamen Beobachtung der Umwelt ausgehen und von einem gewissen Respekt vor den Werken anderer und auch dem Publikum - nicht so hier, frech wird das Kunstwerk mit eigenem Zeug übergetackert - gut das findet man in Hannover auch an anderen Orten als Vandalismus an Kunstwerken, die als Werbeträger mißbraucht werden, bei Wahlen werden einige auch von gewaltigen Werbetafeln geradezu umzingelt, ein unwürdiges Schauspiel, welches so eben auch dieses Projekt ereilt. Aber Veränderung, Ablagerung, Spuren der Tage, Wochen und Monate sind ja auch Ziel des Projektes. Vielleicht nicht geradezu geplant, aber die zivilisatorischen Ablagerungen oder Änderungen am Zaun sind viel auffälliger als die Pflanzen im Inneren der Anlage.

Nach gut einem Jahr zeigt sich dann auch, daß die Zeit für das Experiment etwas kurz bemessen war, denn erst jetzt zeigen sich prächtig blühende Taubnesseln und etwas später auch diverse andere Arten, die einfach etwas Zeit brauchen, um sich zu entwickeln. Also schade, daß das Experiment dann doch im Sommer 2013 beendet wurde.

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