Öffentliche Kunst in Hannover

Wintergärten V: Regenscheuche

Was paßt besser in einen deutschen Vorgarten als ein Gartenzwerg? Und den Gartenzwergen widmet Sextro seine Figur aus Weidengeflecht, Gänsefedern, Blättern und anderen Naturmaterialien.

Der Gartenzwerg hat ja historische Wurzeln, einst zogen technisch überlegene, aber kleinwüchsige Venezianer durch Europa auf der Suche nach Rohstoffen. Und diese kundigen, kleinen Fremden haben Bergbau betrieben - Ursprung der Legenden um die Zwerge. Und als die Einheimischen selbst verstärkt Bergbau betrieben haben, ist der Zwerg dann in den Vorgarten und ins Märchen gewandert, um uns zu unterhalten. Das knuffelige fleißige Kerlchen also eigentlich der Prototyp des sympathischen Fremdarbeiters.

Die Regenscheuche ragt schon von der schieren Größe deutlich unter seinen Seelenverwandten, den Gartenzwergen heraus, überragt gar den typischen Passanten um ein ganzes Stück. Und er wirkt eigenartig urig-archetypisch wie aus alter Zeit, man meint förmlich zu spüren, wie zu alten Zeiten die Leute ein hypnotisches Tänzchen um solche Figuren gewagt haben, um neue Bewußtseinszustände zu erreichen und ihre Götter herbeizuillusionieren. Da kann man sich auch gut vorstellen, daß dieser oder jener sich dieses oder jenes Naturmaterial hineingekifft hat - oder eben auch die Pilze verwendet hat und andere heikle, an sich hochgiftige Substanzen, damit es richtig rundgeht.

Während man an manch extrem trockenen Orten dieser Erde wohl eher einen Regentanz aufgeführt hat, damit es regnet - oder auch mal diesen oder jenen Menschen hat dafür über die Klinge springen lassen, wird durch den Titel hier eher die umgekehrte Absicht angedeutet, also weniger Regen - oder jedenfalls woanders, wenn diesem Kameraden hier die Aufgabe zugeschanzt wird, den Regen zu scheuchen.
Wie nicht anders zu erwarten, legt sich im Winter der Regen allerdings in anderem Zustand als Schnee trotzig auf die Scheuche und läßt sich so leicht nicht verscheuchen.

Zwar hebt die Regenscheuche - von gelben Krücken gestützt - recht effektvoll die Arme, um wen auch immer zu scheuchen, doch wirken Gesicht und bepuschelter Hut letztlich gar nicht so bedrohlich. Aber es hilft ja (vielleicht auch zum Glück!) nicht, es regnet trotzdem bisweilen. Um das Wetter zu beeinflussen, müssen schon andere Geschütze aufgefahren werden. Und was da in letzter Zeit diskutiert wird, um per Technik und Chemie den Klimawandel zu manipulieren wirkt da schon viel bedrohlicher - wie man sich bei der Regenscheuche automatisch fragt, wo denn der verscheuchte Regen stattdessen niedergeht und Unheil anrichtet, so fragt man sich natürlich zurecht, was wo passiert, wenn solch eine Wetter- und Klimamanipulation im großen Stil in die Hose geht - oder vielleicht noch schlimmer, was nicht passiert, wenn es wirklich kurzfristig funktioniert - wo bliebe die Motivation, in Zukunft sinnvoller und nachhaltiger zu wirtschaften und zu haushalten, wenn man zumindest den eigenen Hintern mit etwas mehr Aufwand gerade noch retten kann - egal was das dann für eine etwas fernere Zukunft bedeuten mag ...

Also vielleicht doch besser alles selber ausbaden oder die Suppe selber auslöffeln, die man sich eingebrockt hat, statt das Unheil nach woanders oder in die Zukunft zu verscheuchen.

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