Öffentliche Kunst in Hannover

Wintergärten V: Refugium

Die Installation bietet im Vorgarten hinter der Hecke ein Refugium, davor zwei Bänke. Auf den Zufluchtsort, Rückzugsort oder Unterschlupf wird mit einem Schild hingewiesen. Ähnlich wie bei den sympathischen Hinweisschildern auf den jeweiligen Fluchtweg in Gebäuden gibt es hier ein grünweißes Schild mit einem Piktogramm und mit dem schwarzen Text 'Refugium' drüber. Das Piktogramm zeigt zwei Monsterwellen oder Tsunamis, die sich gerade überschlagen und ein davor weglaufendes Männchen verfolgen, welches auf ein (Fußball-)Tor oder Häuschen zuläuft - laut offizieller Beschreibung ein Zitat aus dem japanischen Tsunami-Warnsystem.

Als eine Art Happening kocht Dagmar Schmidt zu den Zeiten der Kunstführungen ein Süppchen für die hier gestrandeten Kunst- oder Suppeninteressierten und bietet Zuflucht vor diesem oder jenem, was auf uns einströmen mag wie eine heftiger Herbstregen oder eben eine Monsterwelle. Und wer weiß - auch wenn Kollege Ulrichs oder sonstwer gerade keine Kunst mehr sehen kann - vielleicht eignet sich ja auch dann solch ein Zufluchtsort und das Kräutersüppchen flößt neue (Schaffens-)Kraft ein für viele weitere Jahre Kreativität. Richtig hingesetzt und in eine wärmende Decke gehüllt kann man die Komplikationen der Welt und der Kunst so ein Weilchen hinter sich lassen ... und vielleicht auch darüber nachdenken, daß die komplexe Struktur eines Süppchens auch eine große künstlerische Essenz hat, die man sich sogar einverleiben kann.

Gibt es denn wirklich eine Zuflucht vor allem Katastrophen? Gut, gegen Tsunamis mag da ein ordentlicher Bunker und ein heißes Süppchen helfen, jedenfalls wenn man den Bunker nicht direkt neben oder unter ein Kernkraftwerk setzt. Ansonsten bin ich doch sehr skeptisch, ob man so die durch den Klimawandel hervorgerufenen oder zumindest verstärkten oder häufiger auftretenden Katastrophen oder deren technische Folgen wird aussitzen können. Man muß also was tun, damit die Situation nicht weiter eskaliert, muß technische Anlagen, besonders Kernkraftwerke weltweit besser absichern oder rückbauen, wenn sie nicht abzusichern sind. Und gegen den Rest mag dann den meisten ein Bunker und ein warmes Süppchen helfen, wenn sie genug Zeit haben, das Refugium zu erreichen.

Bei wirklich widrigen Bedingungen und heftigem Schneefall, etwa am Sonntag den 2012-12-09, selbst zur Zeit der eigentlichen wöchentlichen Führung, zeigt sich dann allerdings eine Schwäche des Konzeptes. Da war das Refugium geschlossen, persönlich gut nachvollziehbar, aber was nützt konzeptionell schon ein Refugium, wenn es bereits bei etwas schlechterem Wetter geschlossen bleibt? ;o) Andererseits - wird es nicht auch den von einer Katastrophe Betroffenen oft so ergehen, daß sie erstmal alleine sind, wenn es wirklich widrig wird?

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