Öffentliche Kunst in Hannover

Wintergärten V: Öffne die Augen über der Quelle

Bei dem vom Künstler als Lichtobjekt bezeichneten Werk handelt es sich um einen flachen, ungefähr quadratischen Kasten, der leicht geneigt auf dem Boden des Vorgartens liegt. Die Seiten sind schwarz gehalten, nach hinten führt ein Kabel aus dem Kasten. Bei Dunkelheit ist der Kasten beleuchtet.

Die Oberfläche des Kastens ist farbig beklebt, ähnlich dem Ausschnitt aus einem Sumpf- oder Flußsystem, also mit türkis-blauen Flußarmen und Inseln und Landflächen mit verschiedenen Strukturlinien und Farben wie bei Höhenkennzeichnungen bei Land- oder Seekarten. Das Höhenlinienmodell ist zudem auch durch mehrere aufgeklebte Schichten umgesetzt. Die türkis-blauen Flächen sind diffus transparent, sind also hell, wenn die Beleuchtung eingeschaltet ist.

Nunja, ich hatte die Augen im Wesentlichen offen, eine Quelle konnte ich nicht erkennen - eine Quelle für was? Licht? Wasser oder eine andere Art von Materie? In meinem Beruf habe ich ja reichlich Erfahrung mit Atomstrahlquellen, aber die sehen ganz anders aus. Also vielleicht beim nächsten Besuch nochmal genauer gucken, wo etwas hervorquillt. Aber vielleicht sollen ja auch die Phantasie, die Vorstellungen und Ideen des Betrachters hervorquellen. Von daher dann doch die Augen schließen und mal darüber meditieren, wo die Ideen entspringen?

Es kommt einem natürlich auch der Fluß des Lebens in den Sinn, wie er so dahindümpelt oder auch mal in einem Wasserfall abstürzt, mitreißt, ertränkt, aber auch transportiert, weiterbringt, zumeist von der Quelle zum Meer - wobei man beim Leben die Analogie von Quelle und Meer nicht so recht finden mag - Geburt und Tod? Das Entstehen und Vergehen einer Entität - des Menschen oder des benannten Flusses in einem hochdynamischen Prozeß der Umwälzung. Man sagt ja auch, man gehe im Fluß nie zweimal durchs selbe Wasser, wobei man verkennt, daß aufgrund der Quantenphysik die Wassermoleküle untereinander nicht unterscheidbar sind, es sind im Grunde wirklich dieselben, nicht nur klassisch die gleichen. So wird auch der Fluß nur durch den Prozeß des Fließens durch seine Umgebung zu einer Entität, wie der Mensch, ein Lebewesen für begrenzte Zeit eine Entität wird, zu einem Prozeß, welcher fähig ist, das Ich von der Welt zu separieren. Aber hier kommt natürlich auch die starke Assoziation zu einem Sumpf auf - und wird nicht auch so mancher sein Leben als solchen empfinden, mit all seinen Windungen, Untiefen, Wasserfällen, Strudeln, Hindernissen und Gefahren, wo hinter jeder Ecke das Unheil, das Ende für den Reisenden lauern mag? In so einem Sumpf ist die Fließrichtung gar nicht so eindeutig und manches Mal ändert der Strom seinen Lauf. Alles wird zum Labyrinth ohne Karte, aber auch zum Abenteuer, welches den Entdecker fordert.

Bei Schneefall offenbaren sich allerdings konzeptionelle Schwächen - nahezu gleichmäßig bedeckt der Schnee den Kasten mit dem sehr flachen Relief und birgt jedwede interessante Struktur unter seinem kalten, weißen Mantel.

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