Tokina SD 16-28 F2.8 (IF) FX AT-X Pro (Beschreibung und Erfahrungsbericht)

Ende Mai 2011 habe ich mir als Zubehör für die Canon EOS 5D Mark II das Superweitwinkel-Varioobjektiv Tokina SD 16-28 F2.8 (IF) FX AT-X Pro zugelegt.

Weil viele Superweitwinkelobjektive Probleme haben mit Verzeichnung, Vignettierung oder chromatischer Abberation, sehen die Berichte über dieses Objektiv sehr gut aus. In der Tat ist zum Beispiel bei einer Brennweite von 16mm lediglich im Nahbereich nur eine sehr kleine tonnenförmige Verzeichnung festzustellen, wenn man ein gleichmäßiges Schachbrett- oder Fliesenmuster aufnimmt. Wie in ersten Testberichten bereits festgestellt, ist auch die Vignettierung sehr gering. Bei voller Vergrößerung ist allerdings eine geringe chromatische Abberation im Pixelbereich am Rand erkennbar.

Verglichen mit ähnlichen Vario- oder festbrennweitigen Objektiven von Canon oder anderen Herstellern schneidet das Tokina-Objektiv also sehr gut ab und erweist sich in der Praxis auch wirklich als alltagstauglich.

Dieses Objektiv hat allerdings auch die für Fischaugen-Objektive und Superweitwinkel-Objektive wohl unvermeidbaren Verzerrungen im Randbereich. Etwa werden Kugeln am Rade des Bildausschnittes zum Zentrum des Bildes hin zu einem Ellipsoiden auseinandergezogen. Auch mit asphärischen Linsen kann hier Tokina letztlich nicht die klassische Optik austricksen und Artefakte komplett vermeiden, die eben entstehen, wenn mit einem Linsensystem auf die ebene Fläche des Sensors abgebildet wird. Immerhin ist der Effekt bei dem Objektiv nicht so drastisch, daß er meist nur auffällt, wenn Objekte bekannter Geometrie im Vordergrund nahe am Bildrand positioniert sind. Marschieren direkt am Bildrand Leute im Hintergrund vorbei, ist der Effekt natürlich auch noch erkennbar.

Also nichts ist perfekt. Die primären Schwächen des Objektive liegen allerdings zum Glück nicht bei der Optik.

Primär auffällig ist der lächerlich ausfallende mitgelieferte Objektivdeckel, der nicht arretierbar ist, so lose auf der Gegenlichtblende sitzt, daß er bereits bei geringem Neigungswinkel von selbst abfällt (Nachtrag siehe unten). Zudem deckt er die Vorderfront nicht komplett ab. Bei den tiefsten Einkerbungen der Gegenlichtblende verbleiben Löcher, durch die Schmutz auf die Frontlinse gelangen kann. Dem Objektiv beiliegend ist allerdings eine Anforderungskarte an den deutschen Vertrieb von Tokina, von dem ein kostenloser ordentlicher Deckel ab Januar 2011 erhältlich sein soll - warum der dann nicht bereits im Mai 2011 gleich beiliegt, bleibt Tokinas Geheimnis. Es kann ja nicht so schwer sein, einen ordentlichen Deckel zu produzieren, wo die Produktionskosten im Bereich von einigen Cent liegen dürften.
Einstweilen habe ich mit geeigneter Photoklebefolie den Durchmesser etwas verringert und die Höhe des Deckels so weit vergrößert, daß die Löcher zuverlässig abgedeckt sind. Wichtig dabei ist, daß die Klebefolie nicht fusselt oder schmiert - nur für den Fall, daß auch andere zu basteln beginnen möchten.

Daß das Objektiv kein Filtergewinde hat, ist für Objektive mit derart gewölbter Frontlinse und so kurzer Brennweite technisch bedingt kaum anders zu machen. Immerhin wäre technisch sicherlich ein Steckfilter möglich gewesen, wurde von Tokina aber nicht realisiert.

Natürlich hat eine Canon-Kamera keine Daten über das Objektiv, um zumindest bei der Erzeugung der JFIF/JPEG-Dateien die chromatische Abberation oder eventuell noch vorhandene geringe Vignettierungen zu korrigieren, was bei Canon-Objektiven durchgeführt werden kann. Mit einem geeigneten Programm und einer Vorlage für Vignettierung und chromatische Abberation könnten aber sicherlich die Rohdatendateien nachträglich korrigiert werden - nur woher solche Vorlagen bekommen?

Zwar wird in der Produktbeschreibung von Tokina betont, daß man extra einen leisen Autofokusmotor eingebaut habe. In der Praxis ist allerdings deutlich hörbar, daß Tokina ein komplett anderes Verständnis für das Wort 'leise' zu haben scheint als Canon, deren Ultraschallmotoren demgegenüber ein leises Flüstern sind, wo Tokina mehr auf ein kerniges Motorgeräusch setzt, welches zwar nicht laut, aber doch deutlich hörbar ist. Wer also unauffällig bleiben möchte, setzt vielleicht doch besser auf den manuellen Fokus. Die Trefferquote des Autofokus scheint auch etwas geringer zu sein als bei meinen anderen Objektiven von Canon, meistens klappt es allerdings auch beim Tokina gut - und wenn dann auch zuverlässig.

Das Konzept für das manuelle Eingreifen in die Fokussierung ist zudem etwas anders als bei Canon. Während man bei Canon-Objektiven direkt in den Fokussierprozeß eingreifen kann, um den Autofokus zu korrigieren, ist bei Tokina der Fokussierring zuvor zur Kamera hin zu verschieben, damit danach manuell fokussiert werden kann. Das ist einerseits effektiver als die kleinen Schalter zum Umschalten zwischen Autofokus und manuellem Fokus bei Canon, andererseits aber umständlicher als die direkte Korrkturmöglichkeit von Canon. Der Ring rastet mit definiertem notwendigen Kraftaufwand ein, was den Vorteil hat, daß sich nichts aus Versehen verstellt, aber auch den Nachteil, daß es erstmal kräftig beim Umschalten ruckelt. Dafür findet man den breit angelegten, dann selbst der Fokussierung dienenden Ring blind und muß nach keinem kleinen Schalter suchen. Vor- und Nachteile halten sich meiner Meinung nach in etwa die Waage.

Fazit

Das Objektiv macht im praktischen Einsatz Spaß und das für einen moderaten Preis für ein Superweitwinkelobjektiv.
Hinsichtlich möglicher Testbilder muß ich mal gucken, wie ich die vorzeigbar gleichmäßig ausgeleuchtet hingekomme. Beispielbilder aus dem praktischen Einsatz und in voller Auflösung gibt es ja bereits von Tokina selbst und auch zahlreiche auf meiner Seite.

Nachtrag

Nachdem ich Ende September nochmal bei der für den Vertrieb von Tokina in Deutschland offenbar zuständigen HapaTeam Handelsgesellschaft per email wegen des Deckels nachgefragt habe, durfte ich die Anforderungskarte nochmal erneut senden. Wenige Tage später hielt ich dann sogar den finalen Deckel in Händen - etwa vier Monate nach dem Kauf des Objektivs. Obgleich das Objektiv selbst über keine Struktur versucht, wo der Deckel klemmen kann, hält dieser durch eine Klemmvorrichtung sehr gut und und ist sogar nahezu staubdicht (der Klemmechanismus hat allerings sehr kleine Schlitze).

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