Öffentliche Kunst in Hannover

Sinnende

Die Bronzeskulptur einer stehenden, nachdenklichen, nackten, schlanken, jungen Dame steht etwas versteckt zwischen Büschen. Die Kombination von Standort und Bepflanzung ist also suboptimal abgestimmt. 1957 mag da noch alles im grünen Bereich gewesen sein, zeitweise ist nur noch alles grün zugewuchert, zu anderen Zeiten zumindest teilweise.

Man muß also schon den Busch der jungen Dame befummeln, um sie richtig freizulegen ;o) Nein, also im Ernst, unten herum ist sie glattrasiert dargestellt, es sind schon richtige Büsche, die sie vor den Blicken der Betrachter schützen...
Die fast realistische Darstellung ihres glattrasierten Schambereiches ist jedenfalls für den Aufstellungszeitpunkt schon bemerkenswert - auch in Relation zum Titel der Skulptur, Sinnende oder doch eher Sinnliche?
In einem anderen Bereich des Parks gibt es von Herbert Volwahsen eine Skulptur mit dem Titel 'Sinnender', diese Figur jedenfalls ganz anders, angezogen und sitzend, im Gegensatz zu dieser nackten, recht schlank ausgelegten Dame. So kann man im selben Park also recht gut vergleichen, wie unterschiedlich gesonnen werden kann.

Und sonst? Die Brüste sind nicht wirklich üppig, sagen wir mal normale Größe für eine erwachsene, junge Frau, aber prall wie ein Implantat, dafür dann aber doch zu klein. Als wären sie erregt, stehen jedoch die Brustwarzen keck hervor und gar leicht nach oben. Der rechte Arm hängt locker neben dem Körper, der linke ist hinter dem Rücken angewinkelt, die Hand faßt den rechten Arm von innen her, also so gedreht, daß die Hand vom Rücken her den Arm in der Ellenbogenbeuge berührt. Die Beine sind geschlossen, stehen nebeneinander auf einem minimalen, fast ebenerdigen Sockel, der jedenfalls zwischen dem Büschen kaum noch zu erkennen ist. Der Kopf mit Haaren bis zum Hals ist leicht gesenkt, ebenso wie die Augenlider. So macht sie wirklich einen nachdenklichen Eindruck. Was mag sie denken? Im Gesicht ist kein besonderer Ausdruck erkennbar, die sinnlichen Lippen sind locker geschlossen, kein Lächeln, aber auch keine besondere Konzentration auf etwas.

Jedenfalls macht Sötebiers Sinnende einen ganz anderen Eindruck als etwa Herbert Volwahsens Sinnender in einer anderen Ecke des Stadtparks - der ist angezogen, zwar auch nur mit einer Art Nachthemd, macht aber einen viel selbstbewußteren, von sich selbst überzeugten Eindruck als die Sinnende, aber vielleicht paßt das ja auch ganz gut zum typischen Rollenbild der damaligen Zeit, wenn schon eine Sinnende, dann wenigstens dem Betrachter ungeschützt ausgeliefert und etwas unsicher, verlegen wirkend, versteckt hinter Büschen.

Zusammenfassend würde ich mal vermuten, Sötebier hatte da nicht wirklich die große Philosophin im Sinn, als er die Skulptur geschaffen hat, die hätte vermutlich Kleidung angehabt und würde ganz anders auftreten. Ich denke eher, Sötebier hat hier eher einen sinnlichen Traum mit seinem Konzept durcheinandergebracht. Hat er nach Modell gearbeitet, hat dies ihn offenbar zusammen mit den Hormonen vom ursprünglichen Plan abgebracht - tja, so kann es gehen...

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