Öffentliche Kunst in Hannover

Putte auf dem Fisch

Scheuernstuhl zeigt mit der skurrilen bis absurden Skulptur, daß er bereits Jahrzehnte vor Jeff Koons den Kitsch voll im Griff hatte. Wie wäre es sonst zu erklären, wie der Fisch mit einem Kindlein drauf an Land kommt und auch noch fröhlich guckt?

Putte oder besser Putto ist italienisch für Kind oder Knabe, im deutschen Sprachgebrauch verwendet für die Darstellung von kleinen Kindern in mehr oder weniger erotischen (oft wohl eigentlich aus heutiger Sicht religiös-pädophilen) Szenen, oft unschuldig verschlüsselt als kleines Engelchen, dann mit Flügeln. Scheuernstuhl verschlüsselt hier nicht so sehr und spart sich die Flügel. Das Reiten des dicken, glitschigen Fisches mit offenem Maul mit wedelndem Schwanz spricht da eigentlich für sich.

Von der Aufstellungszeit her fällt die Skulptur in Hannovers dunkelbraune Phase. Als Denk- und Mahnmal hat man den Maschsee samt Skulpturen so belassen, wie das Ensemble erst den Krieg und dann die vertane Aufarbeitung der Nazizeit überlebt hat. So grüßt das pädophil mißbrauchte Kindlein auf dem Fisch noch heute die Segler und Paddler auf dem Maschsee. Und da zeigt sich einmal mehr, daß Scheuernstuhl in seinen Skulpturen gerne tief verborgen heikle Themen aufgreift, was leicht über Jahrzehnte übersehen wird und dann doch irgendwann aufgrund aktueller Ereignisse oder weniger dogmatischer Denkweisen wieder ins Bewußtsein rückt.

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