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Die beiden von Georg Kolbes Menschenpaar tragen jeweils einen bunten, gestrickten Schal. Dies nennt sich Strickgrafitti. Wie das traditionelle Grafitti ist dies bei anderen Kunstwerken natürlich besonders problematisch und stellt das soziale Verantwortungsbewußtsein der Täter in Frage. Der Vorteil bei Strickgrafitti gegenüber Farbschmiereien ist immerhin, daß man sie leicht wieder entfernen kann. Zudem sieht es ja zugegebenermaßen lustig aus und gibt auch einen ironischen Kommentar zu den nackten Skulpturen am Maschsee ab - inhaltlich also durchaus originell und gelungen, ist doch das Mittel des Ausdrucks nicht ganz unproblematisch.
Denn so ganz harmlos ist Strickgrafitti dann allerdings doch nicht, weil sich natürlich in dem Material das Mikroklima an der Skulptur deutlich ändert. Besonders im Herbst und Winter saugt sich die Wolle mit Feuchtigkeit voll, die sonst von der Skulptur einfach ungehindert abfließen oder abtrocknen kann. Das schafft zusammen mit der enorm vergrößerten Oberfläche zusätzliche Angriffspunkte für Schadstoffe und Mikroorganismen - zumal dieser Herbst und Winter in der Anbringungszeit nicht besonders kalt ist. Kälte reduziert ja sowohl biologische als auch chemische Prozesse. Dafür ist es im Herbst im Schnitt auch feuchter als im Hochsommer.
Meine Idee wäre daher eher, soetwas bei trockenem Wetter tagsüber als Aktionskunst durchzuführen und abends wieder abzunehmen und das Strickzeug zu trocknen. Auf der Skulptur das Strickzeug tagelang feucht oder naß zu belassen, ist sicher Vandalismus - ein menschlicher Schalträger wird einen nassen Schal auch erst trocknen, bevor der wieder sinnvoll genutzt werden kann. Zudem ergibt sich natürlich für den zufälligen Betrachter, der sich für die eigentliche Skulptur interessiert, das Problem, erst das Strickzeug entsorgen zu müssen, bevor der Blick auf die Skulptur frei wird. Von daher ist es auch eine Mißachtung Kunstinteressierter und der Leistung der Künstler, Grafitti gleich welcher Art an Kunstwerken anzubringen.