Öffentliche Kunst in Hannover

Mein Ägypter

Die abstrakte Steinskulptur aus Granit aus der Normandie ist so zwischen Fassaden und einem Brunnenbecken im Kiesbett aufgestellt, daß der Betrachter auf einige Meter Abstand gehalten wird. Vom Innenhof ergibt sich so nur die Ansicht über das Brunnenbecken hinweg aus einer Richtung. Die andere ergibt sich von innen durch die Fenster eines Kreuzganges.

Auf den Abstand ist auch nicht genau zu sagen, ob die Skulptur nur so aussieht oder wirklich ist, was sie darstellt. Jedenfalls wirkt es so, als sei ein Monolith in größere Segmente zerteilt worden. Seitlich sind die Blöcke dann zu geraden Flächen verarbeitet. In Betrachtungsrichtung sind dann die vorderen Blöcke etwas kleiner als der große hinten zum Gebäude hin. Die beiden vorne dominierenden Blöcke sind horizontal zerteilt, stehen unten auf einem nur wenig aus dem Kiesbett ragenden Vorsprung des hohen hinteren Blockes, als seien sie aus diesem dort herausgesägt worden. Oder vielmehr gesprengt, denn an den Trennlinien vorne finden sich entlang der Trennlinien eine Reihe gebohrter Löcher, die dieser Interpretation folgend dazu gedient haben, den Stein dort auseinanderzusprengen. Front- und Rückseite sind ungefähr eben und 'naturrau' belassen, wie unbearbeitet, heller und 'bunter' als die blaugrauen bearbeiteten, glatten Flächen.

Der scheinbare oder anscheinende Kontrast zwischen Innen und Außen, bearbeitet und unbearbeitet, Monolith und Zerlegung dramatisiert den Konflikt, die innere Zerrissenheit bei gleichzeitigem Bedürfnis, nach Außen doch irgendwie als ein Ganzes zu wirken. Da läßt sich sicher ein Bezug zu Vielem herstellen, unter anderem auch in einem Kirchenzentrum, welches in diesem konkreten Entwurf gleich einem Kloster versucht, glauben, wohnen und leben unter einem Dach zu vereinen.

Was den Titel anbelangt, so habe ich den (nur) in Ehrengard Burckhardts Buch 'Sonntags-Spaziergänge - Führer zur Architektur und Kunst im öffentlichen Raum' (ISBN 3-935590-62-8) gefunden und wird so zumindest nicht vom Kirchenzentrum offensiv verbreitet. Warum sollte es im Kirchenzentrum nicht auch einen von Rückriems Ägyptern geben - und wer christlich denkt und lebt - wo ist da schon der fundamentale Unterschied zwischen mein und dein und Ägypter aus der Normandie oder einer Stele in Hannover. Jedenfalls konnte ich jetzt an der Stele selbst keinen direkten Bezug zu Ägypten oder Ägyptern erkennen. Und vielleicht ist das ja gerade der Witz bei dem Titel, der in seiner Eigenständigkeit ebenfalls den bereits erläuterten Konflikt dramatisiert. Heißen wir die Dinge nicht oft ganz anders, als sie im Innersten sind, wenn sie im Innersten überhaupt Eins sind, sich einen eigenen Namen, eigenen Bezug geben?

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