Öffentliche Kunst in Hannover

'Leibniz-Keks'

Zu Ehren von Leibniz hat Bahlsen einen Keks nach ihm benannt, wobei selbst der Begriff Keks von Bahlsen stammt (eine Eindeutschung des englischen cake). Bahlsen hatte auch nach anderen Persönlichkeiten benannte Kekse im Angebot, der Leibniz-Keks ist aber wohl der Dauerbrenner geblieben.
Dem so erfolgreichen Vorbild ist zum Beispiel auch die Universität Hannover gefolgt und hat sich ebenfalls nach Leibniz umbenannt - wenn auch mit leichten Rechtschreibproblemen. Ob sie damit wie der Keks in aller Munde ist oder knuspert, ist nochmal eine andere Frage. Jedenfalls zeigt sich hier, daß Leibniz über lange Zeit in Hannover beliebt ist und in ganz verschiedenen Zusammenhängen und mit ganz verschiedenen Mitteln geehrt wird. Der Mann muß in seinem Leben nicht viel falsch gemacht haben - oder zumindest wird von den Fehlern nicht viel offenbar geworden sein, wenn sich ein jeder mit dem Namen schmücken will.

Zwei knackige, nackte Burschen mit güldenem, lockigem Haar, auch Brezelmänner genannt, tragen eine überdimensionale Brezel, in welcher ein güldener Leibniz-Keks hängt. Die Penisse der beiden sind mit güldenen Blättern verhängt, die zu im ursprünglichen Sinne geilen Ranken gehören, welche sich innig um Burschen und Brezel schlängeln. Es läßt sich gar nicht anders vorstellen, als daß die beiden gerade dabei sind, sich so aufgebrezelt zu verdrücken und nicht nur Brezel und Keks anzuknabbern, sondern auch die güldenen Blätter zu lüften und sich gegenseitig zu vernaschen.

Das wirkt natürlich alles etwas komisch, wie der Keks hier monumentalisiert und ikonifiziert wird. Da zeigt Bahlsen viel Selbstironie und nimmt etwa die Kunst-Kitsch-Idee von Jeff Koons um Jahrzehnte vorweg.

Im Januar 2013 wurde den beiden Burschen offenbar unbemerkt der Keks entwendet - was schon deshalb geschmackloser Vandalismus ist, weil der Keks sicher gar nicht eßbar ist. Da fragt man sich doch, wie weit der Kunstraub-Wahnsinn noch gehen wird, zunächst besonders auf Friedhöfen der Diebstahl durch Metallsammler von Skulpturen ohne wirklich großen Materialwert und jetzt auch noch der Diebstahl mit Hebebühnenwagen von vergoldeten Keksen hoch oben an einer Fassade mitten in der Stadt?

Der Keksraub wurde zunächst über einige Tage nicht bemerkt. Nachdem dieser dann auch öffentlich publik gemacht wurde, tauchte dann auch ein skurriles Erpresserschreiben auf, in welchem Lösekekse für gute Zwecke erpreßt werden sollten - von jemandem, der sich nur oberflächlich passend zur Aktion des Namens 'Krümelmonster' bemächtigt hatte und auch ein Bild beigelegt hatte, in welchem eine Person in einem blauen Kostüm, eine Mischung aus Kermit der Frosch und dem Krümelmonster, in einen großen, vergoldeten Leibnizkeks beißt, wobei gemutmaßt wurde, daß es der von der Fassade verschwundene sein könne. Nachdem Bahlsen in Aussicht gestellt hatte, Gebäck für gute Zwecke zu spenden, ist der Keks dann einige Tage später wieder aufgetaucht. Spannend ist auch hier der Ort der Auferstehung: Um den Hals der Skulptur eines steigenden Pferdes gehängt (Niedersachsenroß), welches vor dem Welfenschloß zu finden ist, welches wiederum das Hauptgebäude der Universität Hannover ist, die sich vor ein paar Jahren ebenfalls nach Leibniz benannt hat, wie viel früher der Keks. Soll über diese Korrelation auch auf den Schabernack aufmerksam gemacht werden, daß in Hannover Vieles einfach mal so nach Leibniz benannt wird? Immerhin, da Bahlsen offenbar den Duve-Keks nicht vergoldet irgendwo hängen hat, müssen wir wohl nicht befürchten, irgendwann denselben zu finden, wie er im Duve-Brunnen eingestippt worden ist ...

·  1 ·  2 ·  3 ·  4 ·  5 ·  6 ·  7 ·  8 ·  9 ·
Start · Galerie-Index · Portraits · Pflanzen · Pilze · Tiere · Orte · Öffentliche Kunst in Hannover · Experimentelles und Sonstiges · Technisches · Impressum · Anmerkungen ·