Öffentliche Kunst in Hannover

Friedensstein

Auf einer Stahlgrundplatte sind sechs kleine Wägelchen befestigt, auf denen zwei große Segmente einer Kriegsdenkmalsstele liegen, wobei ein Vorderteil eines Segmentes nicht auf den Wägelchen liegt, sondern auf der Grundplatte. Die Steinstele hat einen Kranz um eine '1' als Gravur, die Bezeichnung 'Aachen', einen Zeitraum im Jahre 1944 und jede Menge Namen unter militärischen Dienstgraden, die darauf hinweisen, daß die Stele einst dazu bestimmt war, im zweiten Weltkrieg verstorbener englischer oder amerikanischer Soldaten zu gedenken. Der Querschnitt der Stele ist ein gleichseitiges Sechseck. Aus der Form und dem oberen und unteren Ende läßt sich vermuten, daß die beiden Segmente zusammen mit weiteren Segmenten einst aufrecht stehend einen Obelisken dargestellt haben. Der größere, ehemals untere Teil weist auf einer Seite, die jetzt den Wägelchen zugekehrt ist, deutliche Schäden auf.

Mir ist jetzt nicht bekannt, wie es dazu kam, daß die Stele offenbar in Aachen demontiert wurden und in Hannover Mühlenberg von Breuste als Skulpturbestandteil wiederverwendet wurde. Die Wägelchen deuten natürlich auch auf einen Transport hin, was ja nun für Kriegs-, Denk- oder Mahnmale eher selten vorkommt, zumal wenn es sich um eines handelt, wo es offenbar um im zweiten Weltkrieg verstorbene Nicht-Deutsche geht. Die Schäden könnten auf den Grund für die Demontage hinweisen - oder bei dieser entstanden sein, was ich für eher unwahrscheinlich halte. eventuell ist die Ursache der Schäden ja auch Vandalismus. Wo einfache Skulpturen schon Opfer von Vandalismus werden, Friedhöfe von Altmetallsammlern geplündert werden und jüdische Friedhöfe demoliert werden - warum sollten da nicht auch Kriegs-Mahnmale Opfer von Vandalismus werden, wenn den Tätern nicht gefällt, woran sie gemahnen?

Auch der über den Titel der Skulptur assoziierte Zusammenhang ist interessant. Die Ursache der Stele war der zweite Weltkrieg. Die Stele ist demontiert und zwei Teile liegen umgekippt auf dem Mühlenberg auf Wägelchen und zwar als Friedensstein. Die Demontage in Aachen macht die Ursache ja nicht ungeschehen, auf diesen Sachverhalt weist natürlich die Wiederverwendung in Hannover auch hin. Immerhin - was vorher nicht der Fall war - herrscht mittlerweile zwischen den beteiligten Staaten seit Jahrzehnten Frieden. Von daher scheint ein Wandel, Bewegung möglich - und ohne Angabe des Zusammenhanges wird auch irgendwann aus solch einem Mahnmal einfach ein Kunstwerk, ein Objekt, von dem die Ursachen des Entstehens für die meisten Passanten nicht mehr präsent sind. Das Objekt wird zum losgelösten, isolierten Teil der Vergangenheit, welche durch das Vergessen zunehmend nur noch für sich selbst steht.
Was die Vandalismushypothese anbelangt, so sieht es so aus, als hätte es da seit der Aufstellung in Hannover keine nennenswerten Probleme mehr gegeben, von daher hätte die Umsiedlung und Umwidmung also etwas gebracht.

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