Öffentliche Kunst in Hannover

Deus ex machina

Die auf dem Mittelstreifen einer verkehrsreichen Straße positionierte Eisenskulptur stellt den vorbeisausenden funktionsdominierten Automobilen eine Kombination von technisch anmutenden Teilen entgegen und trotzt so dem Zwang der Technik zur hastigen, stets dienenden Funktion mit einer beharrlichen, beruhigenden statischen Funktionslosigkeit, deren Detailreichtum allerdings zum genaueren Hinsehen und Hineindenken einläd. Von daher handelt es sich also gerade um eine 'Maschine', die nicht im Sinne einer Maschine funktioniert, sondern auf ihrer schieren Wertigkeit als Skulptur und statischen Schwere des Materials beharrt.

Der als Titel verwendete Begriff 'Deus ex machina' stammt eigentlich aus dem klassischen Theater, ursprünglich wurde der im Theaterstück dramatisierte Konflikt bei der Verwendung dieser Methode durch einen plötzlich auftauchenden Gott gelöst. Wörtlich heißt das etwa 'Gott aus der Maschine' und bezieht sich auf maschinelle Hilfsmittel, mit denen solch eine Gotteserscheinung im Theater umgesetzt wurde. Im übertragenen Sinne wird dieser Begriff im Theater oder in der Literatur verwendet, wenn der dramatisierte Konflikt aus heiterem Himmel gelöst wird, nicht aus der Situation heraus, sondern durch ein außenstehendes Ereignis oder eine Person, die in der Geschichte bislang nicht aufgetaucht ist und somit nichts ist, was sich aus der Geschichte heraus hätte entwickeln können. Da dem Zuschauer oder Leser diese Konfliktlösung aus der Geschichte heraus nicht einleuchtet, entsteht so leicht der Eindruck, daß dem Autor nichts besseres eingefallen ist und daher ein 'Deus ex machina' herhalten mußte, um die Geschichte abzuschließen.

Bezogen auf das Kunstwerk ergeben sich so einige Interpretationsmöglichkeiten des Titels. Ist die Skulptur, die Kunst allgemein ein 'Deus ex machina' für den Konflikt zwischen Technik und Mensch? Oder ist die funktionsdominierte Technik der Trick der Konfliktlösung für die Menschen in der Stadt, um ihren Alltag zu bewältigen? Zwar hilft die Technik - wie vermutlich auch die Kunst - wenig, um soziale, menschliche Konflikte zu lösen. Und doch bietet sie konkrete Hilfe, Erleichterung, eine Lösung für klar definierte, eng umrissene Problemstellungen - oder im Falle der Kunst auch eine (kurzfristige) Befreiung, Loslösung von der alltäglichen Hast, wie diese Skulptur scheinbar ganz unmotiviert und plötzlich für den hastenden Passanten oder Fahrer erscheint und dazu einläd, die Gedanken abschweifen zu lassen, weg vom 'Funktionieren Müssen' und hin zum einfach nur 'Dasein'.

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