Öffentliche Kunst in Hannover

Butjerbrunnen

Der Butjerbrunnen hat ein Wasserbecken, in welches aus Düsen in einem Sockel, welcher auf der vom Platz abgewandten Seite des Beckenrandes aus mehreren Öffnungen Wasser ins Becken fließt. Auf selbigem Sockel steht die Skulptur des Butjers, welcher gerade einen Fisch vom Haken einer Angelrute abzureißen scheint, wobei sich die Rute im weiten Bogen über seinen Kopf krümmt. Der Kopf des Butjers ist erhoben, grob in Richtung des Fisches, aber mit einer etwas hochmütig-stolzen Haltung nicht auf den Fisch blickend, sonder ein Stück drüber hinweg. Der Butjer trägt auf dem Kopf eine Kappe, ferner eine Art Kittel, der bis zu den Knien runter geht. Dort wird dann noch eine weite Hose sichtbar. Was überraschend ist, daß die Hosen einen ähnlichen Schnitt aufweist, wie er erst Jahrzehnte später in den USA bekannt geworden ist - die Hose ist viel zu groß geschnitten und der Teil für das Gesäß hängt fast bis zu den Knien. Ob dieser Typ von Hose in Oberricklingen oder der Region Hannover wirklich mal Mode gewesen ist, vermag ich nicht zu sagen. Die Skulptur belegt jedenfalls, daß diese Mode später in den USA bestenfalls wiederentdeckt wurde. Die Ursachen können allerdings ähnlich sein. Oberricklingen und Linden waren von jeher von Arbeitervierteln geprägt, die sich nicht durch besonderen Wohlstand ausgezeichnet haben. So mag es also sein, daß jüngere Kinder die Hosen der älteren Geschwister aufgetragen haben, selbst wenn die Hosen noch nicht genau paßten.

Der Begriff Butjer im gleichen Wortsinne tritt nicht nur in Ricklingen auf, sondern auch in Linden (Lindener Butjer) und anderen Ortschaften um Hannover herum, ist aber wohl für Linden und Ricklingen am geläufigsten.

Die Bedeutung des Begriffes Butjer hat sich im Laufe der Jahrhunderte verändert und ist wohl auch ortsabhängig. Gemeinhin ist Butjer eher ein Begriff für den einfachen Arbeiter. In der Geschichte von Hannover wurden als Butjer aber Leute bezeichnet, die von außerhalb von Hannover in die Stadt zur Arbeit kamen. Die einst eher ländlich geprägten Ortschaften Ricklingen und Linden waren selbständig wie zahlreiche andere Ortschaften, die heute Stadtteile von Hannover sind. Entsprechend wurden die Leute dann gemäß ihrer Herkunft eben Lindener oder Ricklinger etc Butjer genannt.

Im vorletzten Jahrhundert wurden dann eher die Knaben, Lausbuben Butjer genannt, die zu allerlei Streichen und Rangeleien mit anderen Kindern aufgelegt waren - auf einen solchen Knaben scheint sich der Brunnen zu beziehen.

Heute bezeichnet sich eher als Lindener oder Ricklinger Butjer (fälschlich teilweise auch pseudoanglifiziert butcher), wer in Linden beziehungsweise Ricklingen geboren und aufgewachsen ist und dort wohnt. Nach Möglichkeit sollten auch die Vorfahren aus dem Ort stammen.

Der Butjer auf dem Brunnen ist jedoch keine reale Persönlichkeit aus Ricklingen, sondern weist wie beschrieben eher auf eine Bedeutungsverschiebung des Begriffes hin, einst abwertend gemeint, ist heute jemand stolz darauf, aus Ricklingen zu kommen, wer sich als Ricklinger Butjer bezeichnet.

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