Öffentliche Kunst in Hannover

Busenschnecke

Die weiße Skulptur mit glänzender Oberfläche stellt ein stark abstrahiertes Mischwesen dar. Die Schneckenform dominiert, dabei, wobei der Vorderteil nach oben gereckt ist. Die Schnecke trägt kein Haus, gehört also zu den Nacktschnecken. Ohne weitere Strukturierung ist dieser 'Kopf' abgerundet und mit einer dicken Nase oder einem Schnabel versehen. Mit geringerem Abstraktionsgrad herausgearbeitet sind im unteren Bereich, also wo die Streckung den Boden berührt zwei menschliche, weibliche Brüste mit klar hervorstehenden Brustwarzen. Hinten hat die Figur wiederum ein herausgearbeitetes Schwänzchen. Entsprechend könnte der hochgereckte Kopf auch als abstrahierter, geknickter oder halb erigierter Penis gedeutet werden.
Diese Kombination aus Schwänzchen, gehuckeltem Körper und Kopf weist eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Quietschentchen für die Badewanne auf.
Unten liegt die Schnecke auf einer massiven Stahlplatte auf, dort ist sie gewellt, also grob die Fortbewegungsmethode einer Schnecke andeutend. Diese Huckel könnten allerdings auch als weitere Brüste gedeutet werden.

Die Assoziation mit etwa einer Sphinx liegt nahe, wo allerdings meist der Oberkörper einer Frau mit dem Unterkörper eines Löwen kombiniert wurde, entsprechend gibt es auch Kentauren, Meerjungfrauen, Greife, Satyre und so weiter.
Bei diesem Objekt liegt mehr eine Kombination aus Schnecke, Ente, Frau, Mann vor. Ebenfalls naheliegend ist die Assoziation mit dem Fabelwesen Nessie, also einem Seeungeheuer in der Legendenbildung um den See Loch Ness.

Dieses Objekt oder kleinere Repräsentationen davon sind wohl seit 2014 im Umlauf. Größere Aufmerksamkeit hat das Objekt erlangt, als es 2018 auf Bussen abgebildet als Werbefigur für eine Wohnungsgenossenschaft fungiert hat.
Überraschend kam es dadurch zu einer Sexismusdebatte, was insbesondere deshalb verblüfft, welch solch oft nackt dargestellte Mischwesen seit Jahrtausenden etabliert sind.
Klar, gelegentlich wird Schnecke als Kosewort für die Lebensabschnittsbegleiterin verwendet.

Naheliegender scheint hier doch eher die Interpretation als feuchter Männertraum zu sein, die schleimige, glitschige, warme Schnecke kann aufragende Objekte besteigen und umschlingen, reibt daran entlang und hinterläßt dabei seine schleimige Spur.
Aufgrund der starken Abstraktion, aber doch durch die längliche Form und das aufgerichtete Vorderteil ist die Assoziation mit einem Penis weniger stark. In der Kombination männlicher und weiblicher Geschlechtsmerkmale und der glitschig, schleimigen Attribute der Schnecke zusammen mit dem Geheimnis von Seeungeheuern und dem Kitsch von Quietscheendchen aber gleichwohl interessant. So wäre es auch möglich, daß dieses Phantasiewiesen einer noch verborgenen Intersexualität samt Selbstbefruchtung (einige Schnecken sind Zwitter!) oder gar Sodomie und Objektophilie entsprungen ist. Das ist eine ziemlich wilde Mischung von Leidenschaften.
Vielleicht verrät der Künstler hier mehr über sich, als er selbst bislang weiß?

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