Öffentliche Kunst in Hannover

Abendmahl

In der christlichen Mythologie steht das (letzte) Abendmahl für das letzte Abendessen von Jesus Christus mit seinen zwölf Jüngern (Aposteln). Entsprechend gibt es typischerweise bei christlichen Ritualen, Gottesdiensten zeremonielle Wiederholungen dieses für diese Religion wichtigen Ereignisses.

Bei der Skulptur gibt es einen großen, zentralen, leicht asymmetrischen Steinquader als eine Art Tisch, drumherum zwölf kleinere Steine als Art Sitze oder Hocker mit nur angedeuteten Rückenlehnen. Vier sind jeweils an den Ecken des großen Quaders angeordnet, acht weitere an den Seiten dazwischen, jeweils zwei pro Seite. Die Ecksitze haben jeweils auch eckige Lehnen. Die Steine sind insgesamt eher grob bearbeitet, insbesondere am großen sieht man noch die Bohrungen, mit denen der Block aus dem Fels gesprengt wurde. Die Tischfläche besteht nicht aus einer Ebene, sondern hat rund herum einen unterschiedlich breiten Sims. Die so in der Mitte erhöhte ungefähr rechteckige Fläche ist also quasi gegenüber dem gesamten Quader um ein paar Grad verdreht.

Nachdem Christus verstorben war, wurde wohl über Jahrhunderte das Abendmahl gar nicht dargestellt. Danach hat sich irgendwann eine Darstellung etabliert, wo die dreizehn Personen an einer Seite eines langen, rechteckigen Tisches saßen, Christus in der Mitte. Diese Anordnung ist für ein Gemälde besonders praktisch, weil man da alle Personen bequem von vorne oder im Halbprofil darstellen kann, also jedenfalls alle gut sichtbar. Typisch ist in Lokalen allerdings eher eine Anordnung um den Tisch herum, wobei dieser meist rechteckig, aber nicht quadratisch ist. Der Vorteil ist dabei, daß der verfügbare Platz gut genutzt ist und sich zumindest einige benachbart und gegenüber sitzende Personen gut miteinander unterhalten können. Für eine Unterhaltung mit allen Beteiligten wäre ein runder Tisch optimal, weil das den Abstand zwischen den am weitesten voneinander weg sitzenden Personen minimiert.

Jedenfalls ist die hier gezeigte Anordnung hinsichtlich einer Unterhaltung bereits brauchbar, für Lokale eher unüblich, vermutlich auch zur Zeit von Christus. Überraschend ist allerdings, daß es hier nur zwölf und nicht dreizehn Hocker gibt - und vor allem keine Personen. Repräsentieren Hocker und Tisch die dreizehn beteiligten Personen? Religiös wichtig sind ja die Personen, nicht Tisch und Hocker. Wird hier angedeutet, daß es die Personen oder das Ereignis so gar nicht gab? Oder daß man die Personen nicht darstellen kann oder soll? Die grobe Darstellung weist auch die Möglichkeit der Symbolhaftigkeit einer Darstellung hin. Die Zahl zwölf ist ja mystisch auch sonst stark besetzt und von starker symbolischer Wirkung - somit also auch in anderem religiösen Mythologien eventuell recht gut brauchbar. Die Reduktion auf Zahl, Hocker und Tisch weist so auch ein wenig auf die Beliebigkeit und Austauschbarkeit der Inhalte und Auslegungen von Religionen hin. Was man heute so gemeinhin unter Christentum versteht, ist ja historisch eher eine Kombination anderer, früherer oder etwa gleichzeitiger Mythen, die über die ersten Jahrhunderte des Christentums erst zu einer handfesten neuen Religion verdichtet und kombiniert wurden. Das Abendmahl als Darstellung ist da ja erst relativ spät hinzugekommen.

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